Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers einer Sterbegeldversicherung wirft einige rechtliche Probleme auf. Vor allem die Frage der Kündbarkeit einer dem Grunde nach vor Pfändung geschützten Sterbegeldversicherung ist obergerichtlich bisher noch nicht geklärt.
Eine Sterbegeldversicherung ist meistens eine kleine kapitalbildende Lebensversicherung, deren Auszahlungsbetrag für die Bezahlung von Beerdigungskosten eingeplant wird. Das insolvenzrechtliche Problem ist, dass die ausgezahlte Versicherungssumme für den Eintrittsfall (also den Tod der zu versichernden Person) meist nicht vertraglich zweckgebunden wurde. Hier tauchen regelmäßig Probleme im Fall einer Insolvenz auf.
In dem von unserem Partner, Herrn Rechtsanwalt Dr. Martin Linsenbarth, als Insolvenzverwalter geführten Fall hat das Amtsgericht Erfurt mit Urteil vom 24.02.2021 (Az.: 5 C 2091/19) entschieden, dass eine Sterbegeldversicherung mit einer die Höchstgrenze des § 850b I Nr. 4 ZPO übersteigenden Versicherungssumme vom Insolvenzverwalter gekündigt und der Rückkaufswert teilweise zur Masse gezogen werden kann.
Das Gesetz knüpft für die Frage der Pfändbarkeit an die Höhe der Versicherungssumme an und nicht an die Höhe des erreichten Rückkaufswertes. Liegt diese über € 3.579,00, so ist der Vertrag in einen pfändbaren und einen nichtpfändbaren Teil aufzuteilen. Letztendlich ist der Schuldner so zu stellen, als hätte er von vorneherein einen Vertrag mit einer Versicherungssumme von € 3.579,00 abgeschlossen. Das Amtsgericht Erfurt hat den Rückkaufswert aufgeteilt, und zwar in dem Verhältnis der tatsächlichen (€ 9.321,00) zur maximal geschützten Versicherungssumme (€ 3.579,00). Daraus hat es den Schluss gezogen, dass nur 38,4 % des Rückkaufwertes zu schonen sind und der andere Teil des Rückkaufwertes zur Masse gezogen werden kann.
Das vorliegende Urteil setzt die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 03.12.2009, Az.: IX ZB 139/07) konsequent um und kann als Blaupause für künftige Entscheidungen nach § 850b ZPO genommen werden. Das beim Landgericht Erfurt unter dem AZ: 1 S 31/21 geführte Berufungsverfahren wurde nach dem Hinweisbeschluss, in welchem sich die Kammer einstimmig der Auffassung des Amtsgerichts anschloss, durch den Berufungskläger zurückgenommen.
Mit Wirkung zum 01.01.2022 wird der Schutzbetrag des § 850b I Nr. 4 ZPO im Übrigen durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern (BGBl. 2021 I 850) auf € 5.400 erhöht.